Brief von einem Gewinner
"Zuerst eine gute Nachricht; seit gestern Sonntag ist
es also offiziell; alle verfluchten Seelen, die sich durch die Militärmaschinerie
hindurchwanden, bekommen 40 Tage geschenkt. Das sind 40 verkaterte Morgenappelle
weniger, 400 frustrierte Stunden weniger, 4000 sinnlose Befehle weniger! Und es
kommt noch besser! statt 350000 Soldaten, wie bis anhin, gibt es nur noch 140000
und dazu 80000 Reservisten, die Chancen, nicht mehr dabei zu sein sind also etwa
50 %! Ganz klar, man hätte gestern
eine Party feiern müssen..." So tönt es bei den Linken, aber ich sage
euch, die haben keine Ahnung von Tuten und Blasen!
Es kam ja deutlich besser! Was wir gestern alles verhindert und/ oder ermöglicht
haben, heldenhaft!
Sehen wir mal genauer hin:
1. Moratorium plus: seit gestern gilt wieder; man darf
endlich wieder Atomkraftwerke in der Schweiz bauen! Das hat auch seinen guten
Vorteil, Atomenergie ist im Gegensatz zu Sonnenenergie verkaufbar, man kann
damit als Unternehmen ziemlich gut verdienen und das hilft ja der
Volkswirtschaft, dieser Mehrumsatz, dazu noch in schweizer Qualität! Und
solange man den atomaren Abfall (1 Fass pro AKW und Stunde) im Meer oder in der
kasachischen Steppe oder im Wellenberg endlagern kann, wüsste ich gar nicht,
was es da noch zu klagen gibt; keine Luftverschmutzung durch Kohlenkraftwerke
(?!?), Wirtschaftswachstum durch Reaktorenbau (und damit weniger
Arbeitslosigkeit) und aussergewöhnlich schöne Bauten im Aargau. Super, oder?
2. Atomenergieausstieg: Auch hier, das haben wir gut
gemacht. Wir werden auch in Zukunft unseren supergünstigen Strom von unseren
(sogar gegen Flugzeugabstürze gefeiten) Atommeilern beziehen können, die sind
gesichert, da kann nichts passieren, nein nein, und wenn die Nidwaldner uns
ihren Wellenberg verkauft hätten, müsste man auch den Abfall nicht mehr soweit
forttragen. Alles in allem wirklich vernünftig, UNSERE Kinder können bei einem
Unfall ja auch keine Strahlenschäden davontragen, das passierte doch nur diesen
Kommunisten im Ostblock, da das Tschernobylzeugs.
3.Lehrstelleninitiative: Nicht gut, dieser Vorschlag, zu
teuer, zu schlecht für die Wirtschaft, man wäre dann ja gezwungen worden,
irgendwelche faule Jugendliche auszubilden, das hätte ausgeartet, und sowieso,
es hat ja genug Lehrstellen und sonst sollen die doch ins Gymi, oder? Logisch,
das so ein blöder Vorschlag nicht angenommen wird.
4. Behinderteninitiative: Also, ich meine, alles, was gut
und recht ist, aber das geht doch zu weit, das jetzt da alle öffentlichen Gebäude
für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht werden sollten, das verstehe ich nicht.
Wart ihr schon in allen diesen Gebäuden? mein Gemeindehaus und meine Stammbeiz
reichen mir und sonst könnte man die Behinderten ja reintragen, ich würde da
notfalls schon helfen. Und das die einem dann noch anklagen könnten und dabei
war doch alles so wie es immer schon war, mein Nein ist mir sonnenklar, und das
ohne auch noch an die unermesslichen Mehrkosten zu denken, die eine Rollstuhlzugänglichkeit
verursacht hätten, das wäre unserer Volkswirtschaft sowieso nicht zumutbar
gewesen.
5.Mieterinitiative: In welchem Land haben Mieter mehr
Rechte als bei uns? nirgends! Und jetzt wollen die Linken
uns auch noch unseren bescheidenen Provit als Hauseigentümer wegnehmen.
Die können doch froh sein, das wir überhaupt vermieten! Und dazu kommt, dass
70 % der CH-Bevölkerung Mieter sind, es kann bei einer so deutlichen Ablehnung
also gar kein Bedarf einer Verbesserung aus Sicht der Mieter vorhanden sein.
Gut, dass ich hier auf die SVP gehört habe, die hat's uns Mietern ja ganz klar
gesagt.
6. Sonntagsinitiative: Also das war ja das
Alleroberdenäbetschte,
das war versuchte Einschränkung unserer Bewegungsfreiheit! Vier Sonntage im
Jahr ohne Autos, alle die Gastwirtschaften an grossen Strassen wären
eingegangen, ein wirtschaftliches Debakel, die (ehem.) Autopartei wäre nach
Deutschland ausgewandert, gegen die Luftverschmutzung bringt es sowieso nichts
und was ist, wenn ich meine Tante besuchen will, die abgelegen wohnt, hä? Soll
ich da in ein Postauto einsteigen? Also denen spinnts wohl, ich will Auto
fahren, wenn ich will, ich lasse mir sowas sicher nicht vorschreiben! Mehr
Freiheit, weniger Staat, jawoll!
7. Gesundheitsinitiative: Ich gehöre zwar auch zu den 70
%, die billiger weggekommen wären, hätte noch höchstens 20 sFr. zahlen müssen,
aber denkt doch auch mal an die Gutverdienenden, ihr nennt euch doch sozial,
oder? Das ist doch unfair, das jemand, der halt gut verdient hat jetzt einfach
mehr zahlen muss, das wäre dann ja schon fast wie bei den Steuern, ich denke
die würden auswandern! Und dann kommt ja noch etwas viel gewaltigeres! Die hätten
dann die verflixte Mehrwertsteuer um 0,1% oder sogar noch mehr, angehoben, ja da
wäre alles viel teurer geworden, bin ich froh, jetzt spüren wir nur noch die
alljährlichen Prämienerhöhungen auf dem Portemonnaie lasten.
8. Bevölkerungsschutz: da war ich mir ein bisschen im
Unklaren, wir haben ja das Militär, das sollte reichen und jetzt können sich
die linggen Dienstverweigerer noch besser ihrer Vaterlandspflicht drücken, aber
eben, der Bundesrat hat gesagt, wir sollen Ja stimmen, und das wird schon recht
sein.
Fazit: Es ist vieles besser geworden, weil sich nichts verändert
hat. Wir Bürgerlichen haben gesiegt, keine Neuerungen, keine Unterwanderung des
Wohlfartstaates, die linke Classe politique haben wir durchschaut! Tja, die
unteren Schichten müssen halt bereit sein, ihren Gürtel noch enger zu
schnallen, Hauptsache wir können unseren Bauch rausstrecken, haben ihn ja auch
ganz von selbst erarbeitet. In dem Sinne jedem das Seine; mehr Reichtum für die
Reichen und mehr Armut für die Armen. Freue mich jetzt schon auf ihre
breitwillige Unterstützung bei den Nationalratswahlen im kommenden Herbst.
Mit freundlichen Grüssen, Ihr Tauro Muena, JungVSPRüzich-
Präsident a. D.
(in ironie verbleibend: Nils)