april (geschriebenm im Januar) kolumne 

Winter

nia.Ein schwerer Rauch schwebt im gelben Lampenlicht, der weissgewaschene

Tisch darunter glänzt matt, von rundherum drängt Dunkel und Halbschatten aus

den Holzwänden. Eilige Gesprächsfetzen prallen an warmgeredete Gesichter und

verlieren sich in den Gehörgängen, verstaut werdend, neue Antworten fordernd

und diese in den Kreis entlassend.

Weingläser werden hingestellt, kleine Reste von Rotwein schwenken im

trübgewordenen Glas, sie werden wieder aufgefüllt, rötlicher Schaum löst

sich auf , spiegelglatt bleibt das leuchtende Dunkelrot und wirft einen

schimmernden Schatten auf den Tisch. Zwischen Bierflaschen und überfüllten

Aschenbechern liegen ein paar Küchenreste, verstreute Asche mischt sich mit

den kleinen Kondenswasserlachen, die glänzend liegen bleiben, als die

Flaschen, die sich in der Mitte des Tisches anhäuften, weggetragen werden.

Auf den Gesichtern, die sich unter dem Licht drängen, glänzt leise die Röte,

die vom scharfen Abendessen herrührt und die Augen glänzen, da sich der

Rauch trotz des geöffneten kleinen Fensters hartnäckig im Raum hält. Vier

oder fünf Gespräche bahnen sich ihre Wege gleichzeitig über den Tisch, hie

und da verstummt eines, ein anderes entfernt sich zum Herd, der, noch immer

warm, zwischen dem Tisch und dem grossen Nebenraum steht, in welchem sich

die Stimmen gemässigt haben und die Unterhaltungen harmonisch und gemächlich

wurden. Einige sind dort sitzen geblieben und nebenan erkaltet zunehmend das

Buffet mit den übriggelassenen Speisen. Die übrigen Stühle sind verlassen,

stehen ungeordnet an den Tischen, vereinzelte Flecken und dutzende

leergetrunkene Gläser füllen die Tische, in einer Ecke stehen

Getränkeharassen neben einer einladenden aber leeren Polstergruppe, die sich

mit ihren grauweissen Überzügen von der nussbraunen Holzwand und dem

Parkettboden abhebt, auch sie in ein warmes gelbes Licht getaucht, das genug

gedämpft ist um die dunkeln Ecken nicht auszuleuchten. Die Nacht prallt an

die Fenster, türmt sich undurchsichtig auf und schickt nur vereinzelte

Lichter vom Nachbarhaus an ihre Oberfläche, sämtliche Blicke die man

hinausschicken möchte, kommen zurück, vermögen die Grenze nicht zu

passieren. Ein alter, stattlicher Kaktus blüht mit vierzig Blüten aus einer

Ecke, überfliessend strahlt ihr Rot um die blassen, weissen Fäden, die sich

geisterhaft aus den Kelchen neigen.

Am weissgewaschenen, massiven Holztisch mit den überfüllten Aschenbechern

wird laut geredet, zwischendurch schweigt jemand, zündet sich eine Zigarette

an und führt seinen Blick über die Holzwand, über das darüberliegende

Bücherregal mit Kochbüchern, bleibt kurz am Kalenderbild haften, senkt ihn

auf seine Gegenüber, wartet bis jemand zurückschaut und zu sprechen beginnt

oder wartet bis ein Gespräch greifbar geworden ist und einem neuerlichen

Eintauchen nichts mehr im Wege steht.

Den Tag über sind wilde, aber kurze Schneestürme über die Landschaft

gezogen, haben jedem Hof, jedem Weiler eine eigene kleine Welt gegeben, die

für den ganzen Rest der Welt unsichtbar war, wo Schreie, Bewegungen und

Lichter an ihrem Ort gefangen bleiben und sämtliche Farben mit grossem,

dumpfen Weiss begraben werden. Gegen den Abend hatten Schnee und Wind

aufgehört, begannen die Horizonte wieder hervorzubringen, man sah die nahe

Zimmerbergkante, ein verdunkelter Tannenwald hob sich gegen den

verschleierten Himmel ab und wenn man gegen den Zürichsee geschaut hätte,

wäre in dünnen, grünbläulichen Streifen das andere Ufer mit dem Pfannenstiel

und einer Ahnung der dahinterliegenden Hügelzüge sichtbar gewesen, ehe die

Dunkelheit wieder aufstieg, die Lichter angehen liess und die Menschen in

die gutgeheizten Häuser schickte.

Im erwähnten Raum, einer Küche mit geheiztem Plattenboden lichtete sich die

versammelte Gesellschaft, zuerst verstreute sie sich im Haus, da und dort

bildeten sich kleine Grüppchen, lösten sich wieder auf, fanden sich wieder

am weissgewaschenen Tisch, hoben die Stimme kaum merklich an um ihre

Verabschiedung anzukündigen und verloren sich in die Nacht hinaus. Wenn man

genau hinhörte, bemerkte man dass Anlassen der Motore und durch das

Scheinwerferlicht, welches das Fenster knapp zu berühren mochte, bemerkte

man, dass der Schnee wieder eingesetzt hatte und sich am Fensterrahmen

erneut zu sammeln begann.... ( Fortsetzung folgt)

 

 

über den letzten sommer:

 

Sommer 2003

 

Wir widerstehen nicht,

Der schönen Zeit,

Den schönen Strassen,

Die wir gehen werden,

Sonnenschein in Winkeln,

Weit weg von unseren Augen.

Wir gehen nicht weit,

Und setzen uns im geliebten Abend,

Die Beine der warmen, sanften Nacht

Umkreisen uns,

Von Köpfen niedersinkend,

Durch unser Blut

Zu unseren Füssen,

Tanzend in den Mondlichtern.

Wer kann widerstehen?

 

Wie ein Strom,

Ein leiser Strom,

Hinter verborgenen Böden,

Fliessend,

Tobend in Stille.

Früher Morgen,

Königreich für ein paar Stunden,

Diamanten; du pflückst sie nicht.

 

Es ist Sommer,

Glühend nennen sie ihn,

Und schnell,

Will auch die Sonne nicht sinken.

 

Lied der Mücken,

Letzter Ton an deinem Ohr,

Bevor du in den Schlaf gehst,

Schweiss, wie kleine Monster,

Überfall des Feuchten.

 

Grüner Fluss,

In Giftfarben drehend,

Warm, langsam

Unter weissen Himmeln,

Verlassene Kälte

Und keinen Rest Kühle mehr,

Stirb nicht, grüner Fluss,

Werde nicht braun

Und nie gelb.

 

Nimm deine Augen wieder,

setze sie auf ein Feld,

gelbbraun, niedergeschnitten,

Mit kurzem Stroh, alles trocken.

Aufzug in rot, grün,

Schwarz, gelb, blau,

Flaggen, Ornamente,

Trommeln und

Irgendwo fern die Beatles,

Kronen und Diebe,

Neben einer Autobahn,

Heisser, stinkender,

Lärmgefüllter Wind.

Bilde Dir ein neues Heim,

Eine Woche,

nahe an Verbrechern

Und Prinzessinnen.

 

Abend,

Kaskadengleich über Dich hereinbrechend,

Tausende schwimmen

In Klängen, Sichten,

Bewegung in alle Richtungen.

 

Man geht,

Steht auf um nichts zu missen,

Setzt sich um nichts zu schmerzen.

Kein Holz,

Kein Feuer,

Zu trocken,

Kochen mit Gas,

Manche Frustration,

Die Kunst der Gelassenheit

Möchte gelernt werden.

 

Ein paar Sterne

Blicken durch den Dunst,

Kein Mond,

Er ist müde zu tanzen.

 

Über dem See die Berge,

Mont Blanc,

Gross, mächtig,

Ausserordentlich.

Wünschenswerte Endstation

Einer weissbedeckten Melancholie,

ruhend, ewiger Schnee,

Dort wirst Du wissen

Über das vollständige Verschwinden

In dünner Luft,

5000 Meter über Meer.

 

Alte Häuser, Wände,

Erzählen Geschichten

Die lange vorbei sind,

Winzige Blumen daneben,

Erzählen Geschichten

Von Sekunden,

Die zu gehen sind.

 

Nimm dein Auge wieder,

Hin ins entlegene Fest,

„Woodsrock“,

Sie werden gebeten umzusteigen.

„Erwache,

Schüttle Träume aus deinem Haar,

Mein schönes Kind,

Wähle den Tag

Und wähle das Zeichen deines Tages,

Den Geist deines Tages;

Das erste, das Du sehen wirst;

Alles ist aufgebrochen

Und tanzt*“

Hunderte Kerzenlichter

Weisen den Weg hinunter,

Vorbei an alten Wurzeln

Und schönen Frauen.

Psychedelische Menschen

In erleuchtetem Wald,

Tee trinkend, Bier trinkend,

Alle Arten emotionalen Parfüms kostend.

Led Zeppelin durch die Boxen,

Ein neuer Bus kommt an, 20 mehr..

Trommeln, Pow Pow, schneller,

Schwitzendes, langes Haar,

Horizonte im Wald,

Beweg Dich,

Ermüde mit dem Sonnenaufgang,

Schlaf neben einem

Anmutigen, schlangengleichen Bach.

 

Rückfahrt mit Jimi Hendrix,

Gott in einer Gitarre.

Ist alles vorüber? fragt sie

Mit einer scheuen Stimme

Durch einen Gewittersturm.

 

Ein Schweizer Freak-Fest,

Idealismus, Schönheit

Und ein paar, die ihren Anker auf

Dem Grund eines Pilzes liessen.

 

 

*frei nach Jim Morrison; „Ghost Song“ aus „An American Prayer“ 1978, Elektra Records

 


                

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

culunders 

Kolumnist 

Nils Anderson 

am Woodstock 

Festival 1969!!;-)

 

 

 

 

 

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(* = Bewertung durch Andi aus seiner Sicht und Feedbacks Anderer Kolumnenleser und Newsletterabonnenten...;)


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